Sudan: Grausame und gezielte Angriffe auf die Zivilbevölkerung müssen beendet werden

Sudan: Grausame und gezielte Angriffe auf die Zivilbevölkerung müssen beendet werden

Patrick Youssef, Regionaldirektor Afrika des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), traf kürzlich im Sudan mit Vertretern der Regierung und der Rapid Support Forces (RSF) zusammen. Angesichts der besorgniserregenden Verschlimmerung der humanitären Lage schlägt er heute Alarm.
News release 21. November 2023 Sudan

Im Sudan greifen Verzweiflung und Gewalt um sich. Die Gespräche in Dschidda führten bedauerlicherweise nicht zu einer Waffenruhe. Vielmehr weiteten sich die Kämpfe in mehreren Teilen des Landes aus. Vor unseren Augen entwickelt sich eine verheerende humanitäre Krise.

Die ständigen, grausamen und gezielten Angriffe auf die Zivilbevölkerung sind eines der Hauptmerkmale dieses Krieges.
Unsere Forderung ist unmissverständlich: Diese Angriffe müssen beendet werden.

Die Macht der Waffen ist auch verbunden mit der Verantwortung und der Verpflichtung der Konfliktparteien, die Zivilbevölkerung im Einklang mit den Regeln des humanitären Völkerrechts zu achten und zu schützen.

Dieser Krieg forderte unzählige Todesopfer und schlug nahezu sieben Millionen Menschen in die Flucht. Tag für Tag erhalten die Teams des IKRK und des Sudanesischen Roten Halbmonds Notrufe aus der Bevölkerung. Familien bitten uns, ihnen bei der Evakuierung von Verletzten, Kranken oder Angehörigen zu helfen, da sie befürchten, unterwegs aufgehalten zu werden. Manche berichten uns, dass Verwandte verschwunden sind. Andere schildern einen dramatischen Mangel an Trinkwasser und Nahrungsmitteln. Seit April 2023 sind die Lebensmittelpreise um 60 Prozent gestiegen, und infolgedessen sind rund 20 Millionen Menschen von akuter Nahrungsmittelknappheit bedroht.

Im Westen des Sudan, in Darfur, haben die Kämpfe einen Höhepunkt erreicht und betreffen dicht besiedelte Gebiete der wichtigsten Städte al-Dschunaina, Zalingei und Nyala. Die derzeitigen Militäreinsätze haben eine erhebliche Beeinträchtigung des Spitalbetriebs und des Zugangs zu Strom und Telekommunikation zur Folge.

Trotz der heiklen Sicherheitslage bemühen wir uns zu gewährleisten, dass in den Gebieten, in denen wir tätig sind, niemand im Stich gelassen wird. Diese Woche stellten wir medizinisches Material bereit und schickten ein Chirurgenteam in das Universitätsspital in al-Dschunaina, in dem Verwundete notfallmässig versorgt werden müssen.

Wir weisen immer wieder darauf hin, dass der Zugang zu medizinischer Versorgung von allen Seiten gewährleistet werden muss – insbesondere, indem diejenigen, die nicht an den Kämpfen teilnehmen, verschont werden und die Behandlung von Verwundeten der Gegenseite zugelassen wird.

Heute brachten wir auf Ersuchen der Konfliktparteien mehr als 60 Gefangene zu ihren Familien in Nyala (Süd-Darfur) zurück. Wir sind dankbar, dass wir dieses Wiedersehen nach Monaten der Trennung von den Angehörigen ermöglichen konnten. Alle diese Aktivitäten unterstreichen, wie wichtig die Neutralität des IKRK und damit seine Fähigkeit ist, mit allen Parteien zusammenzuarbeiten.

Die Nothilfe ist jedoch immer noch sehr begrenzt. Für die humanitären Organisationen ist es unerträglich, angesichts des immensen Bedarfs mit gebundenen Händen dazustehen. Laut dem humanitären Völkerrecht besteht die Pflicht, humanitäre Einsätze zu erleichtern, angefangen bei der Vereinfachung administrativer Formalitäten. Wir fordern daher alle Parteien erneut auf, insbesondere konkrete und praktische Massnahmen im Rahmen der bei den Gesprächen in Dschidda eingegangenen Verpflichtung zu ergreifen.

Das sudanesische Volk hat genug gelitten. Jetzt ist es an der Zeit, eine neutrale und unparteiische humanitäre Schutzzone zu sichern und Hilfe zu leisten, die dem Bedarf entspricht. Erfahrungsgemäss sind die Chancen für Frieden und Versöhnung umso grösser, je besser die Kriegsparteien die Regeln des Krieges einhalten. 

 

Über das IKRK

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) ist eine neutrale, unparteiische und unabhängige Organisation mit einem ausschliesslich humanitären Auftrag, der in den Genfer Abkommen von 1949 verankert ist. Es hilft Menschen auf der ganzen Welt, die von bewaffneten Konflikten und anderen Formen von Gewalt betroffen sind, und es bemüht sich nach Kräften, ihr Leben und ihre Würde zu schützen und ihre Leiden zu lindern. Dies geschieht häufig an der Seite seiner Rotkreuz- und Rothalbmondpartner.

Weitere Informationen erhalten Sie von:

Germain Mwehu, IKRK Wad Madani,+249 912 150 735,gemwehu@icrc.org

Florian Seriex, IKRK Nairobi, +254 110 938 077,fseriex@icrc.org

Halimatou Amadou, IKRK Genf, +41 79 868 55 83,hamadou@icrc.org