Sudan: Sechs Monate nach Konfliktbeginn ist immenser humanitärer Bedarf weiterhin nicht gedeckt

Sudan: Sechs Monate nach Konfliktbeginn ist immenser humanitärer Bedarf weiterhin nicht gedeckt

Eine Erklärung von Patrick Youssef, IKRK-Regionaldirektor Afrika
News release 13. Oktober 2023 Sudan

Genf (IKRK) – Sechs Monate nach dem Beginn des Konflikts bin ich erschüttert und enttäuscht.

Die tragischen Ereignisse im Sudan haben mehr als fünf Millionen Menschen vertrieben und unzählige Zivilpersonen das Leben gekostet. Brutale Gewalt hinterlässt in Familien und Gemeinschaften tiefe Narben. Dennoch waren wir nicht in der Lage, die Hilfe in dem Umfang zu leisten, der zur Deckung des enormen Bedarfs erforderlich ist. Viele Sudanesen sind verärgert und fühlen sich im Stich gelassen, da die Hilfsmassnahmen in keinem Verhältnis zum Ausmass des Leidens stehen.

Seit Beginn der Kämpfe haben wir den unglaublichen Mut und die Einsatzbereitschaft von sudanesischen Ärzten, Ingenieurinnen, Freiwilligen des Roten Halbmonds sowie Bürgerinnen und Bürgern erlebt, die trotz Traumata und Entbehrungen lebenswichtige Hilfe geleistet haben.

Uns, dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz, ist es gelungen, die Frontlinien zu überschreiten und lebensrettende Hilfe zu bringen sowie Hunderte von besonders gefährdeten Menschen, darunter Kinder und Gefangene, zu evakuieren oder ihre Freilassung zu ermöglichen. Aber wir müssen noch viel mehr tun.

 

Wenn ich mich heute im Sudan umschaue, sehe ich Frauen, Kinder und ältere Menschen, deren Städte und Dörfer geplündert oder zerstört wurden und denen es an Nahrung, sauberem Wasser und medizinischer Versorgung fehlt. Ich sehe einen Krieg, der in den Strassen und Vororten einer Stadt wütet, in der einst fünf Millionen Menschen lebten. Angesichts einer humanitären Notlage solchen Ausmasses können wir es uns nicht leisten, mit langen Debatten und administrativen Verzögerungen Zeit zu verlieren.

Es ist nicht nur sinnvoll, humanitäre Einsätze zu erleichtern und administrative Formalitäten zu vereinfachen - es ist laut dem humanitären Völkerrecht auch Pflicht. Anfang dieses Jahres haben die Parteien in Dschidda öffentlich erklärt, dass sie dieses Recht einhalten wollen. Wir fordern nun konkrete und praktische Schritte als Teil dieser Verpflichtung.

Die Einführung einfacher und schneller administrativer Verfahren für humanitäre Einsätze ist eines der in der Erklärung von Dschidda genannten Ziele und die einzige Möglichkeit, sicherzustellen, dass lebensrettende Hilfe dort ankommt, wo sie benötigt wird.

In dem Bemühen, trotz des schwierigen Zugangs und der gekürzten Mittel für humanitäre Hilfe unsere Unterstützung zu verstärken, dürfen wir gefährdete Bevölkerungsgruppen in den angrenzenden Gebieten der Nachbarländer nicht vergessen. Sie tragen die Hauptlast der Flüchtlingskrise, und sie teilen das Wenige, das sie haben, mit den Flüchtlingen.

Wir werden auch weiterhin alles in unserer Macht Stehende tun, um das sudanesische Volk, das in den vergangenen sechs Monaten unermesslich gelitten hat, zu schützen und zu unterstützen. Und wir fordern alle Staaten und Akteure, die Einfluss auf die Konfliktparteien haben, dringend auf, die Arbeit der humanitären Helfer zu erleichtern und uns zu helfen, die Menschen zu erreichen, die unsere Hilfe brauchen.                               

Für Auskünfte:

Adnan Hezam, ICRC Sudan, tel: +967 733 721 659, email ahizam@icrc.org