Hanan, die Mutter eines Gefangenen aus Gaza, besucht ihren Sohn in einer Haftanstalt. Foto: Abed Zaqout / IKRK

Das Jahr 2022 in Bildern: Widerstandskraft der Menschlichkeit inmitten enormer humanitärer Bedürfnisse

Das Jahr 2022 war infolge der Auswirkungen bewaffneter Konflikte, Klimaschocks und steigender Lebensmittel- und Energiepreise geprägt von enormen und beispiellosen humanitären Bedürfnissen.

Der internationale bewaffnete Konflikt zwischen Russland und der Ukraine hat grosse Verzweiflung mit sich gebracht, während andere Konflikte weltweit fortdauern.

Die nachfolgenden Bilder stehen sinnbildlich für die zahlreichen Momente, die unsere Arbeit im vergangenen Jahr geprägt haben.

Wieder laufen lernen in Kabul

Sheikh Zaman war gerade einmal sechs Jahre alt, als er bei einer Explosion sein Bein verlor. Bei seiner Ankunft im orthopädischen Zentrum des IKRK in Kabul trug er eine abgenutzte Beinprothese, die seinem Alter nicht angemessen war. Dank den Bemühungen unseres Teams erhielt Sheihk Zaman eine neue, passende Prothese, mit der er zur Schule gehen und mit seinen Freunden spielen kann. Langsam gewinnt er seither an Vertrauen und läuft von Tag zu Tag schneller.

Wiederherstellung der Familienbande in Gaza

Zahlreiche Bewohnerinnen und Bewohner von Gaza kämpfen jeden Tag um Hoffnung. Wir sind seit 1967 in Israel und den besetzten Gebieten und arbeiten über unsere Büros in Tel Aviv, im Westjordanland und in Gaza mit der Palästinensischen Rothalbmondgesellschaft sowie Magen David Adom in Israel zusammen.

Unsere Teams besuchen Gefangene in israelischen Haftanstalten und bemühen sich, über das Familienbesuchsprogramm die Kontakte zwischen Gefangenen und ihren Angehörigen aufrechtzuerhalten.

Hanan ist die Mutter eines Gefangenen aus Gaza, die ihren Sohn in der Haftanstalt besucht hat. Mohammads zweijähriger Sohn Nehad vermisst ihn sehr. Er hält das Foto seines Vaters ständig in der Hand, sogar im Schlaf.

„Mohammad ist mein ältester Sohn. Er ist Fischer und versorgt die Familie. Er wurde zu Beginn des Jahres festgenommen, als er auf dem Meer fischte. Ich konnte ihn erst vor kurzem sehen", erklärte die 55-jährige Hanan Al-Silawi, Mutter von sieben Mädchen und drei Jungen.

„Ein Anruf vom IKRK liess mich erneut auf ein Wiedersehen mit Mohammad hoffen. Mir wurde gesagt, dass ich ihn am 2. August zusammen mit seinem Sohn besuchen könne. Die ganze Nacht lang suchte ich Kleider und neue Familienfotos zusammen", fügte sie hinzu.

Würdige Bestattung für vermisste Angehörige in Peru

Die IKRK-Delegation in Lima beobachtet die Auswirkungen vergangener und aktueller Konflikte in der Region, besucht Gefangene und bemüht sich, das Schicksal vermisster Personen ausfindig zu machen. Sie hilft Sicherheitskräften dabei, ihr Vorgehen an die völkerrechtlichen Bestimmungen anzupassen und bildet die Rotkreuzgesellschaften in der Region aus.

Auf dem Bild unten nehmen Familien die Überreste ihrer vermissten Angehörigen entgegen, die im Distrikt Accomarca in der peruanischen Region Ayacucho Opfer von bewaffneter Gewalt geworden sind, um sie würdig zu bestatten.

Unterstützung von Familien bei der Selbstversorgung in Myanmar

Für Familien, die durch einen bewaffneten Konflikt vertrieben wurden und zudem mit der Realität von Covid-19 leben müssen, kann es eine Herausforderung sein, im Alltag über die Runden zu kommen. „Heute erhalten wir unsere erste monatliche Essensration für 2022", sagte Rawi, ein Bauer aus dem Dorf Mee Taik in Maungdaw. „Als Ernährer meiner Familie muss ich jeden Tag hart arbeiten... es ist schwierig, ein Auskommen zu finden."

Seit 2017 unterstützt das IKRK die Menschen im Dorf Mee Taik mit lebensnotwendigen Rationen, beispielsweise an Reis, Zucker, Salz, Bohnen, Öl und Seife. „Die meisten Familien hier leben wie ich von dem, was sie selbst anbauen. In meinem kleinen Garten wachsen Chili, Eibisch, Kürbisse, Auberginen, Gurken und Tomaten", erklärte Rawi. „Das Saatgut kommt vom IKRK. Ich habe es vergangenen Dezember erhalten und nun ist daraus reifes Gemüse geworden. Einen Teil davon essen wir selbst und den Rest verkaufen wir auf dem Markt."

Im Januar 2022 haben unsere Teams sieben Dörfer und drei Standorte von Vertriebenen in Buthidaung und Maungdaw besucht und rund 400 Familien finanziell unterstützt, damit sie sich selbst versorgen können. Neben der Bereitstellung von Existenzgrundlagen brachte das IKRK-Team zu Beginn des Jahres 2022 auch Lebensmittel für über 9 000 Familien in 65 Dörfern in Maungdaw und Buthidaung und wir freuen uns darauf, bald zurückzukehren und weitere Hilfe zu leisten.

Internationaler bewaffneter Konflikt Russland–Ukraine: Gesundheitseinrichtungen dürfen nicht zu Angriffszielen werden

Bei Ausbruch der Feindseligkeiten wurde ein Pflegeheim in Mykolaijw beschädigt, weshalb die Bewohnerinnen und Bewohner die letzten sechs Monate in einer Gesundheitseinrichtung verbringen mussten, die für ihre Betreuung nicht geeignet war.

Am 13. September verlegte ein Team der Ukrainischen Rotkreuzgesellschaft, des Deutschen Roten Kreuzes und des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) 32 Personen, darunter 7 bettlägerige ältere Menschen in eine neue spezialisierte Einrichtung in einem anderen Stadtteil von Mykolaijw.

Für diese Operation wurden fünf Fahrzeuge verwendet, darunter zwei Speziallastwagen des Deutschen Roten Kreuzes. Auf dem Foto unten unterhält sich der IKRK-Mitarbeiter Pavlo mit einer Frau, die verlegt wird.

Wirtschaftliche Sicherheit im Lichte des internationalen bewaffneten Konflikts zwischen Russland und der Ukraine

Das IKRK definiert wirtschaftliche Sicherheit als die Möglichkeit von Einzelpersonen, Haushalten oder Dorfgemeinschaften, ihre Grundbedürfnisse nachhaltig und in Würde zu decken. Das Team wirtschaftliche Sicherheit half Menschen, nachdem ihr Wohnblock in Serhijiwka beschädigt worden war (Foto unten).

Aserbaidschan: Risikobewusstsein und sicheres Verhalten

Die Aserbaidschanische Rotkreuzgesellschaft und das IKRK beteiligen sich an der Sensibilisierung der Bevölkerung vor Ort und der Öffentlichkeit für Risiken im Zusammenhang mit Waffen (wie Landminen oder Kampfmittelrückstände) sowie an der Aufzeichnung von Minenvorfällen und Unterstützungsaktivitäten für Minenopfer.

Unten schult ein IKRK-Mitarbeiter Schafhirten und ihre Familien.

Palästina: Überschwemmungen und Kälte in Gaza

„Der Winter hat sich für uns in einen Alptraum verwandelt. Wir schlafen alle in einem Raum: Mein Mann, meine Töchter Hala (12), Ghalia (10), Rimas (6) und Merna (4) und meine Söhne Saqer (11), Mohammed (9) und Siraj (3)", erklärte Samarat. „Wenn es regnet, rinnt Wasser durchs Dach. Ich habe die ganze Nacht lang die nassen Decken ausgewechselt, damit meine Kinder nicht frieren. Wir können es uns nicht leisten, den Raum zu heizen. Stattdessen verbrennen wir Holz. Ich habe stets Angst, dass der Raum in Brand geraten könnte. Ich kann nicht schlafen, denn ich will meine Kinder nicht verlieren."

Auf dem Foto ist Rimas mit ihren Kindern zu sehen, die am Feuer sitzen, um sich aufzuwärmen.

Unterernährung im Stabilisierungszentrum in Baidoa, Somalia

Somalia durchlebt eine anhaltende Dürre, die das Land zerstört und Hunderttausende Familien vertrieben hat. Die äusserst schwierigen Wetterbedingungen haben dazu geführt, dass viele Kinder unterernährt sind. Das Regionalspital Bay führt ein Stabilisierungszentrum, in dem kritische Fälle von Unterernährung behandelt werden. Zwischen Januar und Oktober dieses Jahres wurden beinahe dreimal mehr Kinder registriert als in der gleichen Zeitspanne des letzten Jahres.