Syrien: IKRK-Präsident drängt auf ein Umdenken der internationalen Gemeinschaft nach zehn Jahren brutaler Krise

Syrien: IKRK-Präsident drängt auf ein Umdenken der internationalen Gemeinschaft nach zehn Jahren brutaler Krise

Der Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz fordert die internationale Gemeinschaft dazu auf, gemeinsam einen "neuen Ansatz" und langfristige Lösungen zu finden.
News release 29. März 2021 Syrien

Nach einem fünftägigen Besuch in Syrien vom 22.-26. März, mit Stationen in Damaskus, Daraya, Al-Hasaka sowie dem Flüchtlingslager Al-Hol, zeigt sich IKRK-Präsident Peter Maurer besorgt über die düstere Situation im ganzen Land:

„Die syrische Bevölkerung tut alles, was sie kann, um trotz der katastrophalen Wirtschaftskrise, die Millionen Menschen noch weiter in Armut und Hunger getrieben hat, sowie einem nicht enden wollenden Konflikt zu überleben. Die massenhafte Zerstörung wichtiger Infrastruktur und Dienstleistungen wirkt sich jede Minute des Tages unmittelbar auf das Leben der Menschen aus. Wir können nicht warten, bis der Konflikt vorüber ist, um die Grundlagen für den Wiederaufbau zu schaffen; alles, was wir heute tun, hat Einfluss darauf, wie die Menschen in Syrien morgen leben. Es sind jetzt enorme Anstrengungen erforderlich, um den Menschen zu helfen, wieder auf eigenen Beinen zu stehen, ihre Häuser und Geschäfte wieder aufzubauen, Gemeinschaften wiederherzustellen und die Städte wieder sicher und funktionsfähig zu machen. Und natürlich brauchen die Menschen in Syrien eine politische Lösung für Frieden, kontinuierliche finanzielle Unterstützung für den Wiederaufbau und eine Zukunft für diejenigen, die so viel verloren haben."

Über die Frauen und Kinder, die in Lagern wie Al-Hol gestrandet sind, sagte Peter Maurer:

„Es handelt sich um eine der grössten Notlagen unserer Zeit, was den Kinderschutz betrifft. Zehntausende Kinder, die in Al-Hol und anderen Lagern gestrandet sind oder in Gefängnissen festgehalten werden, sind Opfer. Sie sind Opfer, unabhängig davon, was sie oder ihre Eltern gegebenenfalls getan haben oder wofür die beschuldigt werden. Diese Tragödie breitet sich vor unser aller Augen aus und die Geschichte wird über uns urteilen, wenn wir in den kommenden Wochen und Monaten nicht dringend handeln. Es ist nicht unmöglich, etwas zu tun. Es ist höchste Zeit, den politischen Willen zu finden, zu handeln, bevor noch mehr Leben verloren gehen und die Zukunft weiterer Menschen zerstört wird. Es gibt positive Beispiele für Rückführung und Wiedereingliederung. Die vielen Herausforderungen dürfen nicht als Entschuldigung dienen, nicht zu handeln. Wir müssen auch daran denken, dass die meisten Menschen in Al-Hol aus dem Irak und aus Syrien stammen. Es sind nachhaltige Lösungen für alle erforderlich."

Da IKRK fordert alle Staaten auf, Verantwortung für seine Bürgerinnen und Bürger zu übernehmen und sich um eine rechtmässige Rückführung zu bemühen – unter der weitgehenden Wahrung der Familieneinheit gemäss internationalem Recht und umfassenden Unterstützung bei der Wiedereingliederung.

Anmerkung zum Einsatz des IKRK in Syrien:

  1. Das IKRK ist seit 1967 in Syrien präsent. 2021 sollen verschiedene Bedürfnisse erfüllt werden, darunter diejenigen von über 12 Mio. Syrerinnen und Syrern, die einen sicheren Zugang zu sauberem Wasser und grundlegenden Dienstleistungen benötigen, von über 3 Mio. Menschen auf der Suche nach wirtschaftlicher Sicherheit (einschliesslich Zugang zu Nahrungsmitteln und Möglichkeiten der Schaffung von Einkommen) sowie von zahlreichen Gemeinden, die in von Waffen schwer verseuchten Gegenden leben. Ferner sollen Einsätze für vermisste Personen, Inhaftierte und ihre Familien durchgeführt werden. Das IKRK arbeitet mit dem Syrisch-Arabischen Roten Halbmond und anderen Partnern der Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung zusammen, um allen Menschen in Syrien Unterstützung und Schutzleistungen zu bieten.

  2. Das Budget des IKRK für seine Einsätze in Syrien im Jahr 2021 beträgt knapp über CHF 190 Mio. (ca. USD 200 Mio.). Es handelt sich um den weltweit grössten Einsatz des IKRK.

Für Auskünfte:


Adnan Hezam, IKRK Damaskus, ahizam@icrc.org, +96 3930336718

Ruth Hetherington IKRK Genf, rhetherington@icrc.org, +33 6 33 2888 23